Sonntag, 2. Oktober 2016

Im Revier – mitten in den Appalachen von Virginia

Das kleine Städchen Floyd mitten in den Blue Ridge Mountains, einem Teil der Appalachen.
Am nächsten Morgen kamen wir aus unserem Zelt heraus und wurden prompt von einem etwas anderen Bewohner des Campingplatzes empfangen. Ein Kragenhuhn (Bonasa umbellus) kam bis auf wenige Zentimeter auf uns zu. Es zeigte keinerlei Furcht, eher im Gegenteil. Zunächst dachten wir es wäre zahm und wolle etwas zu Essen, aber es zeigte keinerlei Interesse. Robert, ein Texaner und Campingnachbar, kam erstaunt bei uns vorbei und sagte er hätte so etwas noch nie erlebt. Wir einigten uns darauf, dass das Huhn oder besser gesagt der Hahn Deutsche mag.

Unser Besuch am Morgen.
Da wir am Abend zuvor niemanden antrafen um zu Fragen welcher Zeltplatz der unsrige wäre, gingen wir zunächst zum Eingangshaus des Zeltplatzes. Dort trafen wir nicht nur den Besitzer David, sondern auch Robert und seine Frau Cindy. Wir wurden ein wenig ausgefragt was wir Deutschen den hier im kleinen Floyd wollten. Wir erklärten unser Vorhaben. Die Begeisterung, dass Botaniker aus Deutschland wegen einer besonderen Pflanze hier ans Ende der Welt kamen war groß. Besonders Cindy, eine unglaublich witzige und freundliche Frau in den Vierzigern, konnte es kaum glauben. Sie freute sich unglaublich, da wir die ersten Botaniker waren, welche sie jemals kennenlernte und dann auch noch aus Deutschland. Wir bekamen noch reichlich kulinarische Tipps, was wir in welchen der Bundesstaaten unbedingt probieren müssten. Auch David, ein älterer sehr feiner Herr, gefiel es Botaniker auf dem Zeltplatz zu haben. Er erteilte uns direkt und ungefragt sein Einverständnis auf seinem Campingplatz, sowie den 2 Quadratkilometern Wald zu sammeln was wir wollten. Seine einzige Bedingung war, dass wir ihn unterrichten sollten, welche spannenden Pflanzen wir auf seinem Grundstück gefunden hätten. Auch klärte uns David über das eigenartige Verhaltens des morgendlichen Besuchers (des Kragenhuhnes) auf: Wir zelteten in seinem Revier. Aber auch er sagte, dass es ein sehr ungewöhnlicher Hahn sei. Bei kürzlichen Umbauarbeiten griff er sogar einen Bulldozer an, woraufhin der Hahn für die Arbeitszeit in einen Anhänger gesperrt wurde.

Paddeln für die Pflanzensuche.
Wir bedankten uns für die Erlaubnis und erzählten daraufhin, dass wir mehr an den Ufern des Little Rivers suchen wollten. Hier sollten unsere gesuchten Pflanzen wachsen. Sofort wurden wir belehrt, dass es sich rund um den Little River in der Hauptsache wieder einmal um privates Eigentum handle. David und seine Frau besaßen dort selbst ein großes Gelände mit mehreren Kilometern Ufer am Little River. Sie gaben uns ein Schrieb auf der Rückseite ihrer Visitenkarte mit der Erlaubnis ihr Land zu betreten. Doch wie sollten wir dorthin und die Ufer erreichen? Es kam die Idee auf, den öffentlichen Fluss mit Kajaks zu erschließen und sollten wir die seltene Silphiumvariante finden, die Samen dann direkt aus dem Kajak heraus einsammeln. Tatsächlich kannte David eine Kajak-Vermietung am Little-River, welche er sofort anrief und von unserem Vorhaben berichtete. Kurz darauf wurden wir zum Kajak-Verleih „On-The-Water“ eskortiert. Ich fuhr bei Davids Frau im Waagen mit und bekam während der Fahrt alle besonders empfehlenswerten Läden und Lokale vorgestellt. Gut vier der acht Möglichkeiten waren ihrer Meinung besonders gut. Wir bogen von der Hauptstraße ab und näherten uns dem Little River. Dort wurden wir mit Kajaks ausgestattet und zu Wasser gelassen. Wir vereinbarten, dass wir nach drei Stunden an einer zuvor ausgemachten Stelle abgeholt werden sollten.

Der ruhige Flusslauf führte uns durch eine wunderschöne Landschaft.

Diese Becherpflanze bildet nur einen sehr kleinen Blattbecher.
Der Little River ist wirklich ein unglaublich schöner, wie auch vollkommen natürlich gelassener Fluss. Der Stand war aufgrund des trockenen Sommers sehr niedrig, was unser Vorankommen erschwerte. Wir paddelten im ruhigen Wasser über zahlreiche leuchtend grüne Polster aus Wasserpflanzen und das bei strahlendem Sonnenschein. Da entdeckte ich am linken Ufer - es war meine Aufgabe die linke Seite zu beobachten - eine Pflanze, welche mich an Silphium perfoliatum erinnerte. Wir fuhren beide näher und bewunderten die Pflanze. Es war ein echtes Silphium perfoliatum var. connatum. Diese Variante ist deutlich kompakter und von oben bis unten mit leicht stacheligen Haaren bedeckt. Die Blätter sind ohne Stiel und wirken wie ein einziges großes Blatt.


Die seltene Silphium-Variante Silphium perfoliatum var. connatum am Little River.


Samen sammeln leicht gemacht.

Wir ruderten den Fluss hinab und sahen weitere Exemplare. Hier in Virginia standen die Becherpflanzen deutlich näher am Wasser, so konnten wir sie gut aus den Kajaks oder direkt vom Flussufer erreichen. Hierzu stiegen wir soweit möglich aus den Kajaks heraus und standen im erstaunlich warmen Wasser am flachen Ufer. Neben den Silphien sahen wir beeindruckende Felsvorsprünge, trafen leicht angetrunkene Angler im Kajak und genossen die Natur. Durch die vielen Stopps waren wir etwas spät dran und so mussten wir die letzten zwei der zehn Kilometer, trotz langsam müden Armen noch einmal Gas geben. Trotzdem erreichten wir den Treffpunkt mit 50 Minuten Verspätung. Aber der Sohn des Vermieters nahm es gelassen.







Felsvorsprünge und tote, wie auch lebende Bäume ragten über den Little River.

Wieder im Auto sanken wir in die Autositze und stellten fest, dass wir trotz Sonnencreme ordentlich Farbe bekommen hatten. Wir einigten uns schnell darauf, dass wir uns nach diesem erfolgreichen, wie anstrengend Tag, ein besonders gutes Abendessen verdient hätten. So fuhren wir zur besten Adresse des Städtchen Floyd.Wir aßen im Dogtown jeder eine fantastische Pizza und tranken spannende Biere. Besonders gut gefiel uns ein fast schwarzes Bier aus Kentucky, welches in Whiskeyfässern veredelt wird.

Der Holzkohleofen machte die Pizzen von Dogtown in Floyd bekannt.
Der Lohn nach einer erfolgreichen Sammeltour.


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